Konzertkarten für Superstars wie Madonna oder die Rolling Stones sind heute schon fast unbezahlbar. Doch bald dürften die Preise endgültig durch die Decke gehen. Die Rechteverwerter der Gema wollen mitten in der schärfsten Rezession die Tarife für Konzertveranstalter um fast 600 Prozent anheben und auch bei T-Shirt und Plakaten mitkassieren. Die Veranstalter rufen die Schiedsgerichte an, die Gema hat alle Verträge gekündigt.
Der Verband der Konzertveranstalter schlägt Alarm. Nach ihren Berechnungen werden sich durch die neue Preisattacke der Gema die Abgaben in astronomische Höhen empor schwingen. Als Beispiel wird ein Konzert mit einem Kartenpreis von 45 Euro und 5000 Fans vorgerechnet. Nach alter Ordnung werden 3.369,60 Euro fällig. Der neue Tarif laute dagegen auf 18.000 Euro. Dazu muss noch zehn Prozent auf die Nebenverkäufe und Sponsorengelder abgeführt werden, fordern die Münchner. Vom Rest muss dann der gesamte Konzertbetrieb, von der Hallenmiete bis zu den Löhnen der Bühnen arbeiter und den Stromkosten bezahlt werden. „Das grenzt an Wucher!“, tobt Jens Michow, Präsident des Veranstalterverbands idkv, als ich ihn am Telefonhörer habe.
Die Veranstalter sehen sich als Melkkuh, die jetzt als Ausgleich für die kollabierenden CD-Verkäufe der Plattenfirmen und Internetpiraterie geradestehen sollen. Die zusätzlichen Kosten müssten auf die Preise der Karten aufgeschlagen werden, was im aktuellen Markt kaum durchsetzbar sei. Die Gema in München hat auf telefonische und E-Mail-Anfrage eine Stellungnahme zugesagt, die bis zum Veröffentlichungszeitpunkt aber noch nicht eingetroffen war. So bald diese vorliegt, wird sie an dieser Stelle aktualisiert.
Update: Hier ist die Reaktion der Gema.
Die Gema verwaltet als staatlich anerkannte Treuhänderin die Rechte von über 60.000 Mitgliedern und über einer Million ausländischen Berechtigten. Es ist ihre Aufgabe, dafür Sorge zu tragen, dass ihren Mitgliedern für jede Nutzung ihres Repertoires - Komponisten, Texter, Verleger - eine angemesÂsene Vergütung gezahlt wird, diese einzufordern und an die Berechtigten weiterzuleiten. In der jüngeren Vergangenheit war die Gema vor allem dadurch öffentlich aufgefallen, dass sie versuchte selbst von den Eltern von Kleinkindern, die in Webvideos auf Youtube Gassenhauer (grauenhaft) nachgeträllert haben, Gebühren einzufordern. Mittlerweile konnte Youtube mit der Gema eine Pauschalvereinbarung schließen, über deren Details sich die Beteiligten allerdings ausschweigen.
Das Problem der Gema (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) liegt darin, dass die alten Vergütungsmechanismen naturgemäß nicht für das Internet-Zeitalter ausgelegt waren. Dieser Anpassungsprozess war und ist äußerst schmerzhaft. Gleichzeitig gehen die CD-Verkäufe immer weiter zurück und damit die Einnahmen aus der so genannten „Mechanischen Vervielfältigung“. Die Plattenfirmen zahlen viel weniger an Lizenzen an die Musikverleger und Rechteinhaber. Daneben kommen immer mehr Web-Radios und Musikdienste wie last.fm dazu, für die es galt neue Tarifstrukturen zu schaffen. Die Lizenzeinnahmen aus diesen digitalen Bereichen kann den Rückgang bei den CD-Lizenzen nicht ausgleichen.
Der idvk hat jetzt die Schiedsstelle des Marken- und Patentamts angerufen. „Da muss die Gema erst einmal nachweisen, warum man nur drei Jahre nach einer Tariferhöhung neue Tarife wegen Unangemessenheit durchsetzen will.“ Scheitert das Schiedsverfahren, werden die ordentlichen Gerichte angerufen. Ein solches Verfahren kann sich über Jahre hinziehen.
Der aktuelle Rollgriff bei den Konzertveranstaltern ist nicht verwunderlich. Die Konzertbranche boomt wie selten. Der Verband der deutschen Konzertveranstalter nennt einen Branchenumsatz von 3,8 Mrd. Euro für 2007, davon entfallen 2,8 Mrd. Euro auf Musikveranstaltungen. Der Durchschnittspreis eines Tickets lag bei 33,20 Euro. Das geht von 1,50 Euro für die Nachwuchsband im Jugendclub bis zu mehreren Hundert Euro für die Nobelkarte des internationalen Megastars.
Die Gebühren der Gema werden nach dem Bruttoumsatz - einschließlich Künstlerhonorar – eines Konzerts berechnet. Die größten Gewinner sind dabei die Top-Künstler, die heute die Ticketpreise den Veranstaltern oft verbindlich vorgeben. Sie bekommen ihr vorab garantiertes Honorar und, weil sie zunehmend auch Verleger ihrer Werke sind, dann zusätzlich den erhöhten Gebührenanteil.
von Axel Postinett
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