Es gibt so Bands, denen begegnet man nur in Musikzeitschriften
oder bestenfalls mal auf einem Festival. Die "sagenumwobenen"
Club-Konzerte vor 200 Metalheads, bei denen sich danach alle intim
genug kennen, um gleich zusammen weiterzuziehen, die gibt es auch.
Aber so selten, dass man eigentlich kaum dran glaubt. Man kann nun
in der Metal-Szene eher nicht von einem Abschwung schreiben oder
gar sprechen, und vielleicht liegt es auch an Hannover als Rock-but-not-really-Metal-City,
dass einem hier selten Konzerte dieser Couleur in die Hände
fallen. Fakt ist jedenfalls, dass es Bands gibt, denen man auch
nach Jahren intensiven Konzertgehens (oder eher -moshens) kaum oder
gar nicht über den Weg läuft. Epica
gehört für mich in diese Kategorie. Seit Erscheinen des
ersten Albums
2003 bin ich den Niederländern verfallen, die Gelegenheit zu
einem richtigen Konzert hatte sich aber nie ergeben. Umso größer
fiel meine Vorfreude aus, als ich auf dem Konzertkalender des Hannoveraner
Veranstalters Living
Concerts Selbige entdeckte. Und so hieß es dann an einem
der ersten kühlen Tage wieder: Nächster Halt: Musikzentrum,
Hannover.
Amberian Dawn
Da mir bis noch vor Kurzem unbekannt, hatte ich
mir rechtzeitig vor dem Konzert das Debüt-Album der Jungs und
Mädels von Amberian
Dawn angeschafft. Aufgrund des dort Gehörten habe ich mich
wirklich auf die Vorband gefreut, wurde aber leider ziemlich enttäuscht.
Aber eins nach dem Anderen:
Die Finnen aus dem schön kalten Helsinki (und eigentlich auch
"Hyvinkää" und "Espoo") orientieren
sich musikalisch sehr stark nach ihren großen Brüdern
und Schwestern von Nightwish,
was ja erstmal vollkommen legitim ist. Auch historisch gibt es da
ein paar Parallelen: Aufgegangen vor allem aus den Bands "Anthem
One" und " Iconofear"
haben alle Bandmitglieder eine eher konservativ-klassische musikalische
Grundausbildung genossen. Über die üblichen diversen Umwege
haben sie zur wahren Musik und 2006 dann auch einander gefunden.
Es folgte -nach einer Neuformierung- die Produktion eines Demos
und bald des ersten Albums, welches in Finland seit Ende Januar,
in Mitteleuropa seit Juni erhältlich ist.
So sehr ich die aktuelle Platte "River
of Tuoni" mag und auch empfehlen kann, hat die Band es
nicht geschafft, diese Atmosphäre in den Club zu tragen: Eine
leidenschaftslose Show und fast geschäftsmäßige
Atmosphäre. Man hatte als Besucher während eines Großteils
des Konzertes nicht das Gefühl, dass die Band auf der Bühne
dieselbe ist, die das Album aufgenommen hat. Als würden sie
nur das Repertoire einer anderen Band abspielen und halbherzig zum
Mitmachen animieren.
Später werden sie ihren Kollegen von Epica
erzählen, da draußen stünde an diesem Abend ein
sehr ruhiges Publikum, aber das trifft irgendwie nur die halbe Wahrheit
...
Ich habe nach dem Konzert den Keyboarder Tom Sagar
noch ein wenig zum kommenden Album ausgefragt, und der Sound soll
insgesamt komplexer werden, wohl orchestraler und überhaupt
einfach besser. Ein Titel ist noch nicht gefunden. Die Band ist
noch jung, auch Nightwish
haben mal ganz klein angefangen, es besteht also noch Anlass zur
Hoffnung. Ungenutztes Potential gibt es jedenfalls noch Einiges.
Epica
Schon wenig später betraten auch die lang
erwarteten Metalheads aus den Niederlanden die Bühne. Und schon
schnell zeigte sich deutlich, dass eigentlich alle nur deswegen
angereist waren. Und, dass es sich gelohnt hat. Ein wummerndes Schlagzeug,
röhrende Gitarren und ein nicht minder röhrender Gitarrist.
Und natürlich Simone Simmons. Die wahrscheinlich hübscheste
haareschüttelnde Rothaarige diesseits des Acheron erfüllte
eigentlich alle Erwartungen und das durchweg positiv. Die Musik
war auch großartig. Keine Spur von Bühnenmüdigkeit
auch nach inzwischen 6 Jahren Epica.
Die klaren Gesangslinien von Simone wurden, wie
man das von den bisherigen Alben kannte und liebte, passend von
Mark Jansens Grunts unterstützt und konterkariert.
Fünf von insgesamt zwölf Songs waren
vom aktuellen Album "Divine
Conspiracy", was inzwischen auch schon wieder ein Jahr
auf dem Buckel hat (im Sommer 2008 ist noch einmal eine Single erschienen).
Das ist eine recht angenehme Mischung bei 4 Studioalben. Persönlich
gefreut hatte ich mich auch über die insgesamt vier Lieder
des ersten Albums "The Phantom Agony". Die anderen beiden
Alben hatten noch Platz in einem eigenen Song und mit "Solitary
Ground" Einem, der auf beiden Scheiben drauf war.
Das Set war damit insgesamt sehr ausgewogen, da
neben den "klassischen" Epica-Songs
mit Grunts auch Balladen wie "Chasing the Dragon" enthalten
waren. Der Band hat man angemerkt, dass sie ihre Musik auch selbst
spielt, authentisch vermitteln kann und nicht auf dem Weg eingeschlafen
ist.
Nach etwas mehr als einer Stunde war das Konzert
dann auch leider schon wieder vorbei, und man machte sich beglückt
auf den Heimweg. In meinen Augen war es definitiv ein Highlight
der letzten Monate im Konzertleben in und um Hannover. |