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Hätten sich die
Alliierten im Zweiten Weltkrieg zum Abwurf der Atombombe über
Deutschland entschieden, so wäre die Industriestadt Ludwigshafen
am Rhein das Ziel des Angriffs gewesen. Die Alliierten entschieden
sich bekanntlich anders und ließen Ludwigshafen links liegen.
Wie so viele andere bis zum heutigen Tag. Keine Ausnahme bildete
dabei das "Farin Urlaub Racing Team", welches ihr Konzert
am 17.05.2009 von Ludwigshafen nach Mannheim verlegte. Mir persönlich
war dies gar nicht unrecht, denn für mich vereinfachte sich
dadurch der Fahrweg ungemein. Und so kam ich ganz entspannt und
mit großen Erwartungen gegen 19 Uhr am Mannheimer Maimarkclub
an, vor dessen Eingangstoren sich schon eine beachtliche Menschentraube
gebildet hatte.
Artig wartete man auf den Einlass um 20 Uhr, begrüßte
altbekannte Gesichter und lauschte den pubertären Sprechchören
der Handvoll Nachwuchspunks, die sich nicht zu schade waren, auch
im Jahr 2009 Songs der "Goldenen Zitronen" und von "Wizo"
anzustimmen und alsbald in der unmittelbaren Nähe ihres eigenen
Sitzplatzes zu urinieren. Ob die Herrschaften wussten, dass nicht
wenige Songtexte von "Farin Urlaub" ein gewisse intellektuelle
Grundsubstanz und Ironiefähigkeit des Publikums voraussetzen?
Ich jedenfalls hatte genug gesehen und gerochen und entschloss mich,
die stickige Luft in der Maimarkthalle dem "Duft" draußen
vorzuziehen. Doch zu meinem Erstaunen war die Luft in der Halle
gut, sodass das Warten auf den Konzertbeginn sehr angenehm ausfiel.
Kurz vor 21 Uhr öffnete sich dann der Vorhang und "Farin
Urlaub" erschien mit seinem "Racing Team", um für
gut zwei Stunden ordentlich zu rocken. Die Musik wurde, dank der
Tontechniker, außerordentlich gut abgemischt, sodass das Konzert
zu einem wahren "Fest der Sinne" wurde. Ich vermisste
auch gar nicht die üblichen doofen Sprüche, die Herr Urlaub
regelmäßig auf "Ärzte-Konzerten" zum besten
gibt. Die Songs sprachen für sich, wenige waren, wie "Phänomenal
egal", melancholisch angehaucht, andere, wie "Lieber Staat",
eher kämpferisch-aggressiv. Die meisten wurden aber im gewohnt
ironisch-rockigen "Urlaubs-Stil", trotz so mancher thematischen
Ernsthaftigkeit, mit einem breiten Grinsen vorgetragen. So auch
die neue Single "Krieg", in der der Kampf aller gegen
aller aufgrund von Nichtigkeiten (z.B. Parkplatznot, lange Schlangen
vor der Einkaufskasse etc.) thematisiert wird und an jenem Abend
beim Publikum hervorragend punkten konnte. Das lag natürlich
an der pazifistischen Einstellung der Anwesenden, aber auch an der
außergewöhnlichen Choreografie, die vom Startänzer
"Farin Urlaub" vorgeführt und von den Mannheimer
Fans fehlerfrei nachgeahmt wurde. Sah eigentlich wie ein Ententanz
mit Vogelgrippe aus, nur lustiger. Das sollte lediglich noch durch
meinen Lieblingssong "Zu heiss" ("Wir hatten aufgerufen
zum vereinten Kampf/ gegen den Klassenfeind/ wir konnten ja nicht
ahnen, dass ausgerechnet diese Woche/ dermaßen die Sonne scheint")
humoristisch getoppt werden. In diesem Augenblick hätte ich
gerne die Gesichter der Hardcore-Punker vom Eingangsbereich gesehen...
Auch wenn sich der Focus des Publikums ganz klar an diesem Abend
wieder auf "Farin Urlaub" richtete, so stellte ich fest,
dass das "Racing Team" präsenter, ja offensiver als
z.B. beim Konzert im November in der Frankfurter Jahrhunderthalle
war. Aufgrund dessen von einer Demokratisierung der Band-Hierarchie
zu sprechen, wäre nun wohl übertrieben, aber wohl nicht
grundlegend verkehrt. Es machte einfach Spaß anzuhören,
wie die "Busters-Bläser" und der schönere, da
weibliche, Teil des "Racing Teams" dem FURT-Sound den
notwendigen "Schliff" geben konnten.
Der 17.5.2009 wird mir jedenfalls als ein toller Konzertabend in
Erinnerung bleiben, an dem mir und den Tausenden Fans zahlreiche
nützliche "FURT-Lebensratgeber" in Form der dargebrachten
Rocksongs mitgegeben wurden. Und wieder stellte ich fest, dass das
Leben und der "FURT-Sound" einige Gemeinsamkeiten aufweisen.
Beide sind unter anderem alternativlos. Alternativlos schön.
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